EuGH: Markenbenutzung und Handlungen Dritter

Ein klassischer Fall: nach der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung finden sich weiterhin Verbleibsel der Verletzungshandlung auf Webseiten Dritter. Der Gläubiger fordert nun vom Schuldner die Zahlung der vereinbarten Vertragsstrafe. Zu Recht? Nach der Rechtsprechung deutscher Gerichte oftmals schon, da diese dem Verletzer regelmäßig umfangreiche Beseitigungspflichten auferlegen (siehe auch Die große Gefahr bei Unterlassungserklärungen).

Im konkreten Fall war es so, dass sich der Schuldner zur Unterlassung der Benutzung eines Zeichens verpflichtete, dieses Zeichen allerdings über die Suchmaschine Google weiterhin auf mehreren Websites mit Unternehmenseinträgen finden ließ. Der Schuldner verteidigte sich damit, er habe lediglich eine Eintragung in dem Verzeichnis Das Örtliche in Auftrag gegeben und diese Eintragung gelöscht. Zu weiteren Bemühungen sei er nicht verpflichtet, da er nie Einträge auf anderen Websites beantragt habe.

Das OLG Düsseldorf stellte dem EuGH hierzu die Frage: „Nimmt ein Dritter, der in einer auf einer Website veröffentlichten Eintragung erwähnt wird, die ein Zeichen enthält, das mit einer Marke identisch ist, eine Benutzung dieser Marke im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 vor, wenn die Eintragung selbst nicht von ihm platziert worden ist, aber von dem Betreiber der Website von einer anderen Eintragung übernommen worden ist, die der Dritte in die Marke verletzender Weise platziert hat?“

Der EuGH antwortete: „Hingegen sind der betreffenden Person unter dem Blickwinkel von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 selbständige Handlungen anderer Wirtschaftsteilnehmer wie die der Betreiber von Referenzierungswebsites, mit denen sie keine unmittelbare oder mittelbare Beziehung unterhält und die nicht in ihrem Auftrag und für ihre Rechnung, sondern auf eigene Initiative und im eigenen Namen handeln, nicht zuzurechnen (vgl. entsprechend Urteil vom 3. März 2016, Daimler, C‑179/15, EU:C:2016:134, Rn. 36 und 37). Der Ausdruck „benutzen“ in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 erfordert nämlich ein aktives Verhalten und eine unmittelbare oder mittelbare Herrschaft über die Benutzungshandlung. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn diese Handlung von einem unabhängigen Wirtschaftsteilnehmer ohne Zustimmung des Werbenden vorgenommen wird (Urteil vom 3. März 2016, Daimler, C‑179/15, EU:C:2016:134, Rn. 39).“

Urteil des EuGH vom 02.07.2020, Rechtssache C-684/19

Die Gefahr von Vorratsmarken: „IKEA“ gelöscht

ikea-logo Das höchste indonesische Gericht hat die Löschung der Marke „IKEA“ angeordnet. Die Eintragung der Marke für den schwedischen Möbelgiganten erfolgte im Jahr 2010. Im Jahr 2013 meldete das indonesische Möbelunternehmen PT Ratania Khatulistiwa ebenfalls „IKEA“ an – und ist nach der Löschung der älteren Marke nun alleiniger Inhaber des weltberühmten Zeichens in Indonesien. Denn die Schweden hatten ihre Marke nicht benutzt. In Indonesien unterliegt eine Marke der Löschung, wenn diese innerhalb eines Zeitraums von 3 Jahren nicht benutzt wurde. In Deutschland und der weiteren EU beträgt dieser Zeitraum 5 Jahre. Eine Marke, die länger als 5 Jahre ununterbrochen nicht benutzt wurde, ist durch ein Löschungsverfahren oder eine Löschungsklage vor einem ordentlichen Gericht angreifbar.

Siehe auch: Markenrechtliche Irrtümer: Benutzung einer Marke

Quelle: The Guardian, „Rattan decision? Ikea loses rights to own name in Indonesia“

Basics: Überlegungen im Anschluss an die Markenanmeldung

Durchführung einer Markenüberwachung
Um die eingetragene Marke effektiv vor Nachahmungen zu schützen, ist eine Überwachung neu veröffentlichter Eintragungen notwendig. Die Durchführung einer Markenüberwachung ist einer Markenrecherche ähnlich. Bei einer nationalen deutschen Marke werden die Register des DPMA, des HABM und der WIPO auf identische und ähnliche Neueintragungen überwacht. Bei einer europäischen Gemeinschaftsmarke werden ferner die Register der Mitgliedsstaaten der EU auf Neueintragungen hin unter die Lupe genommen. Werden identische oder ähnliche Neueintragungen drei Monate nach deren Veröffentlichung entdeckt, so kann sich der Markeninhaber mit dem kostengünstigen Widerspruch gegen die Neueintragung zur Wehr setzen und die Risiken eines späteren Verfahrens vermeiden.

Dokumentation der Benutzung
Eine Marke kann gelöscht werden, wenn sie innerhalb von fünf Jahren nicht für die eingetragenen Waren oder Dienstleistungen benutzt worden ist. Der Markeninhaber sollte daher die Benutzung der Marke für die eingetragenen Waren oder Dienstleistungen dokumentieren, um den Einwand der Nichtbenutzung zu Fall bringen zu können. Ferner fordern manche Markenämter zur Aufrechterhaltung des Markenschutzes einen Benutzungsnachweis. In den USA ist beispielsweise zwischen dem 5. und 6. Jahr der Schutzdauer eine Benutzungserklärung, ggf. mit Benutzungsnachweis, abzugeben.

Kennzeichnung der Marke
Sobald die Marke eingetragen ist, ist es dem Inhaber gestattet, die Marke mit dem Schutzrechtsvermerk ® zu versehen. Ein solcher Schutzrechtsvermerk ist nicht vorgeschrieben, sondern fakultativ. Da es den Mitbewerbern oftmals nicht bekannt ist, dass es sich bei dem Zeichen um eine Marke handelt, kann es sinnvoll sein, durch das ® auf den Markenschutz des Zeichens hinzuweisen.

Erweiterung des Markenschutzes
Meldet der Inhaber einer nationalen Marke binnen sechs Monaten nach der Anmeldung eine identische Gemeinschaftsmarke oder identische Internationale Registrierung an, so kann er die Priorität seiner nationalen Marke „mitnehmen“ und auf die angemeldete Gemeinschaftsmarke oder Internationale Registrierung übertragen. Der Anmelder hat hierzu eine Prioritätserklärung und eine Abschrift der früheren Anmeldung einzureichen.