DENIC erlaubt Ein- und Zweibuchstabendomains sowie reine Zifferdomains

Schuld an alledem ist der Volkswagenkonzern mit seiner starken Marke „VW“. Seit Jahren hat Volkswagen versucht, die DENIC zur Freigabe der Domain „vw.de“ zu bewegen. Die DENIC e.G. lehnte dies stets unter Hinweis auf ihre Domainrichtlinien ab.

Nunmehr hat der BGH dem Treiben ein Ende gesetzt, in dem er den ordentlichen Rechtsweg für die DENIC e.G. durch die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des OLG Frankfurt vom 29. April 2008 beendete.

Das OLG Frankfurt hatte der DENIC per Berufungsurteil aufgegeben, nach den Domains „db.de“ (Deutsche Bahn AG), „hq.de“ (HQ Interactive Mediensysteme GmbH) und „ix.de“ (Heise Zeitschriftenverlag GmbH & Co. KG) auch eine vierte Zweibuchstaben-Domain an den VW-Konzern freizugeben. Die Domain „vw.de“ leitet mittlerweile auf die „volkswagen.de“ weiter.

Anscheinend hatte die DENIC e.G. nunmehr die Nase gestrichen voll und hat sich in einer wahrlichen Nacht- und Nebelaktion zum 23.10.2009, 9:00 Uhr zur Freigabe einer ganzen Flut von neuen Domains, die bisher nicht registriert werden konnten, entschlossen.

Auszug aus der Pressemitteilung der DENIC:

Nachdem die DENIC eG gemäß dem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 29. April 2008 verpflichtet gewesen wäre, die Second-Level-Domain „vw.de“ zuzulassen, entschied sich die in Frankfurt am Main ansässige Registrierungsstelle, eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe einzureichen. Diese wurde jetzt durch BGH-Beschluss vom 29. September 2009 zurückgewiesen, so dass jetzt die Domain „vw.de“ für die Volkswagen AG registriert werden muss, solange es keine Top-Level-Domain .vw gibt. In der Zwischenzeit hat sich die DENIC eG mit weiteren internationalen Domainregistrierungsstellen ausgetauscht, die bereits 2-buchstabige Domains registrieren und hat zudem eigene technische Tests durchgeführt, um sich technisch auf die Entscheidung des BGH vorzubereiten. Nach sorgfältiger Prüfung und nach Abwägung aller Risiken hat sich die DENIC eG nun im Sinne der Internet-Community entschieden, ihre Registrierungsrichtlinien zu liberalisieren. Dieser Entscheidung stand bisher im Wege, dass sehr alte oder fehlerhaft konfigurierte Resolverversionen, deren weitere Verwendung nicht vollständig ausgeschlossen werden kann, bei einem bestimmten Nutzungsszenario ein fehlerhaftes Verhalten aufweisen können.

Die DENIC e.G. macht es sich dabei diesmal einfach. Es wird keine Sunrise-Period für Marken- oder Firmennameninhaber geben. Es gilt „first come-first served“.

Hierdurch werden wieder die üblichen Profidomaingrabber zum Zuge kommen. Die sich daran anschließenden Kennzeichenrechtsstreitigkeiten sind programmiert.

Während Inhaber bekannter bzw. berühmter Firmenkennzeichen es aufgrund der „shell.de“ Entscheidung des BGH relativ einfach haben werden, Domains wie „bp.de“ (BP British Petrol) und „hp.de“ (Hewlett Packard) oder „gm.de“ (General Motors) herauszubekommen, dürften reine Markeninhaber es nach der „ahd“-Entscheidung des BGH schwer haben, passende Domains zu Marken wie „911“ (Porsche) oder „4711“ (Kölnisch Wasser) herauszubekommen.

Fazit: Goldene Zeiten für juristisch bewanderte Domaingrabber.

Mehr zum Thema: Konjunkturprogramm für Abmahnungen beim Markenblog.

ahd.de: BGH hält Domaingrabbern die Stange

Nach den Entscheidungen „weltonline.de“ und „afilias.de“ hat der BGH nunmehr in Sachen „ahd.de“ seine Linie durchgezogen, dem Löschungs- bzw. Freigabebegehren der Kläger bzgl. der streitbefangenen Domain nicht stattzugeben (Pressemitteilung des BGH).

Der Vorsitzende des 1. Zivilsenats hatte in der mündlichen Verhandlung am 19.02.2009 noch darüber nachgedacht, dem professionellen Domaingrabbing eventuell dadurch Einhalt gebieten zu können, die massenweise und systematische Registrierung von unterscheidungskräftigen, kennzeichnenden Domainnamen (wie z.B. dem Akronym „ahd“) im Gegensatz zur entsprechenden Massenregistrierung von generischen, glatt beschreibenden Namen als rechtsmissbräuchlich einzustufen. Damit würden abertausenden Firmen ein kostspieliger Ankauf von .de-Domainadressen bei den vielen Domain-Grabbern der Szene erspart bleiben.

Dieses Grundsatzurteil schafft jetzt jedoch Rechtssicherheit für diesen neu entstandenen Wirtschaftszweig, den Domainsekundärmarkt.
Weiterlesen „ahd.de: BGH hält Domaingrabbern die Stange“

Löschungsansprüche bei Domaingrabbing

Domaingrabbing liegt vor, wenn bereits der Domain-Erwerb allein darauf gerichtet ist, sich die Domains vom Kennzeicheninhaber abkaufen oder lizenzieren zu lassen und der Erwerber sich damit ohne eigenes Interesse an der Domain an Dritten, die wirtschaftlich auf deren Nutzung angewiesen sind, bereichern will.

Das LG Hamburg hat sich in seiner Entscheidung 312 O 64/08 zu Löschungsansprüchen bei Domaingrabbing geäußert.

In dem Fall hatte der Beklagte Domains auf seinen Namen registriert, die aus dem Unternehmenskennzeichen des Klägers und den TLDs .info, .biz, .net, .org, .eu, .mobi sowie .nl und .es zusammengesetzt waren. Der Kläger begehrte Löschung aller Domains.

Da jedoch keine der o.g. Domains mit Inhalten verknüpft war, fehlte es an einer markenrechtlich relevanten Benutzungshandlung, so dass die Kammer Ansprüche aus § 15 Abs. 4 MarkenG ablehnte. Das auf Löschung gerichtete Verlangen des Klägers für die typischerweise auch in Deutschland abgerufenen generischen Domains (einschließlich .eu) sei aber nach § 4 Nr. 10 UWG begründet. Hinsichtlich dieser Domains liege ein Fall des Domain-Grabbings vor.

Von Domain-Grabbing spreche man nach h.M., wenn bereits der Domain-Erwerb allein darauf gerichtet ist, sich diese vom Kennzeicheninhaber abkaufen oder lizenzieren zu lassen und der Erwerber sich damit ohne eigenes Interesse an der Domain an Dritten, die wirtschaftlich auf deren Nutzung angewiesen sind, bereichern will. Ein eigenes Interesse an den generischen Domains konnte der Beklagte nicht geltend machen. Eine wettbewerbswidrige Behinderung des Klägers war die Folge.

Anders sehe es jedoch bei den nationalen .nl und .es Domains aus. Wegen des Auslandsbezuges der Domains sei ein Interesse des Klägers an der Nutzung dieser Domains nicht offensichtlich. Er hätte vortragen müssen, welches Interesse er an der Nutzung dieser Domains habe, ob er also auch auf den ausländischen Märkten tatig ist bzw. sein will.

Das Urteil im Volltext finden Sie hier.

afilias.de: Ältere Domain vs. jüngeres Kennzeichenrecht / Namensrecht

Auch eine prioritätsältere Top-Level-Domain .de kann durch später (danach) begründete Firmenkennzeichen-, Marken- oder Namensrechte überholt werden. Der ehemals berechtigte Domaininhaber kann dann zum Nichtberechtigten werden, wenn er nach der Entstehung der Kennzeichen- oder Namensrechte Dritter seine Domain erstmalig in deren Geschäftsbereich selbst einschlägig nutzt. Bei bloßer Registrierung und zwischenzeitlicher Nichtbenutzung der Domain ist eine Rechtsverletzung nicht zwangsweise gegeben. Es hat in diesen Fällen eine Interessenabwägung zu erfolgen.

Der BGH hatte in dieser Domainstreitigkeit den in der Praxis häufig auftreten Fall zu entscheiden, dass eine ehemals rechtmäßig erfolgte Domainregistrierung und im Anschluss darauf nicht erfolgter geschäftlicher Nutzung aufgrund eines später entstandenen Kennzeichenrechts angegriffen wurde, bzw. der Kennzeichenrechtsinhaber über den Folgenbeseitigungsanspruch die Löschung der Domain herbeiführen wollte.

In dieser Sache wurde das Berufungsurteil aufgehoben und zur weiteren Aufklärung bzw. erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Im Rahmen dieser Entscheidung wiederholte und vertiefte der Senat jedoch seine Rechtsauffassungen:
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Keine Haftung des Admin-C

Dem Admin-C obliegen weder zum Zeitpunkt der Registrierung der Domain, noch nach Verbindung der Domain mit einem markenverletzenden Inhalt, aber vor Kenntniserlangung hiervon, Prüfungspflichten, deren Verletzung seine Inanspruchnahme als Störer rechtfertigen würde.

Die Klägerin ist Inhaberin der Marke „…“. Der Beklagte ist Angestellter der X-AG. Für eine schweizer Gesellschaft lies die X-AG die Domain „…x.de“ registrieren; als Admin-C wurde der Beklagte eingetragen. Die Klägerin mahnte die schweizerische Domaininhaberin und zugleich den Beklagten ab. Der Beklagte ließ auf die Abmahnung hin die Domain umgehend löschen. Mit der Klage nimmt die Klägerin den Beklagten in seiner Eigenschaft als Admin-C auf Erstattung der Abmahnkosten in Anspruch.

In Übereinstimmung mit dem LG hat das OLG Köln einen aus §§ 683 Satz 1, 677, 670 BGB nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. aus § 14 Abs. 6 MarkenG oder § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG resultierenden Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten verneint.

Dem Admin-C obliegen weder zum Zeitpunkt der Registrierung der Domain, noch nach Verbindung der Domain mit einem markenverletzenden Inhalt, aber vor Kenntniserlangung hiervon, Prüfungspflichten, deren Verletzung seine Inanspruchnahme als Störer rechtfertigen würde.

Der Admin-C nehme nur die Stellung eines allein im internen Vertragsverhältnis zwischen Vergabestelle und Domaininhaber Bevollmächtigten ein. Soweit der Admin-C erstmals im Zuge der Domainregistrierung befasst wird, erscheine es angesichts der solcherart angelegten Funktion und Aufgabenstellung unzumutbar, ihm in Zusammenhang mit dem einzutragenden Domainnamen stehende Prüfungspflichten auf potentielle (Kennzeichen-)Verletzungen aufzuerlegen. Soweit sich eine Haftung des Domaininhabers erst aus der Verbindung der Domain mit einem Inhalt ergibt, stünden der Verantwortung des Admin-C im Hinblick auf die Zumutbarkeit von Prüfungspflichten zusätzliche Erwägungen entgegen. Angesichts der Mannigfaltigkeit denkbarer Rechtsverletzungen auf den unmittelbar über die Domain oder über Verlinkungen, Suchmaschineneinträge o.ä. aufrufbaren Webseiten erscheine es schon im Ausgangspunkt ausgeschlossen, ihm eine ständige Kontrolle des Internetcontents zuzumuten.

Die Entscheidung im Volltext finden Sie hier.

Metrosex

Die Anmeldung und die Eintragung eines Zeichens als Marke stellen als solche noch keine kennzeichenmäßige Benutzung des Zeichens für die in Anspruch genommenen Waren oder Dienstleistungen dar, so dass darin noch keine Verletzung eines prioritätsälteren Kennzeichens liegt.

Die Klägerin ist Inhaberin der Wort- / Bildmarke „METRO“. Die Beklagte lies für sich die Domainnamen „metrosex.de“, „metrosexuality.de“ und „metro-sex.de“ registrieren, ohne diese jedoch in Benutzung zu nehmen. Ferner meldete die Beklagte 2004 die Wortmarke „METROSEX“ an, welche aufgrund einer Verzichtserklärung der Beklagten 2005 wieder gelöscht wurde.

Nach Auffassung des BGH stellt die Registrierung eines Domainnamens noch keine Benutzung dieser Bezeichnung im geschäftlichen Verkehr und damit auch keine Verletzung eines mit dieser Bezeichnung identischen oder ähnlichen Kennzeichenrechts dar. Die Registrierung könne jedoch unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch des Inhabers des älteren Zeichenrechts begründen.

Ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch bestehe aber nur, soweit ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, der Anspruchsgegner werde sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten. Dabei müsse sich die Erstbegehungsgefahr auf eine konkrete Verletzungshandlung beziehen. Die die Erstbegehungsgefahr begründenden Umstände müssten die drohende Verletzungshandlung so konkret abzeichnen, dass sich für alle Tatbestandsmerkmale zuverlässig beurteilen lässt, ob sie verwirklicht sind.

Auch in der bloßen Eintragung der Wortmarke „METROSEX“ hat der BGH keine Rechtsverletzung gesehen.

Ein auf Wiederholungsgefahr gegründeter Verletzungsunterlassungsanspruch scheide aus, weil die bloße Markenanmeldung und -eintragung noch keine kennzeichenmäßige Benutzung darstelle und darin schon deshalb weder eine Verletzung der Marke der Klägerin noch deren Geschäftsbezeichnung gesehen werden könne.

Allerdings sei aufgrund der Anmeldung eines Zeichens als Marke im Regelfall zu vermuten, dass eine Benutzung des Zeichens für die eingetragenen Waren oder Dienstleistungen in naher Zukunft bevorsteht, wenn keine konkreten Umstände vorliegen, die gegen eine solche Benutzungsabsicht sprechen.

Die Entscheidung im Volltext finden Sie hier.

Zur Haftung von sedo.de

Eine Domainbörse haftet erst ab positiver Kenntnis für Rechtsverstöße durch auf ihrer Internetplattform geparkte Domains.

Im Rahmen einer negativen Feststellungsklage hatte das LG Düsseldorf zu entscheiden, ob der Domainbörse sedo.de Prüfungspflichten bezüglich etwaiger Verstöße gegen Rechte Dritter durch auf ihrer Internetplattform geparkte Domains obliegen.

Das LG kam zu der Entscheidung, dass ein markenrechtlicher Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 5 MarkenG deshalb nicht bestehe, weil sedo.de die Beklagtenmarke nicht im geschäftlichen Verkehr nutzte. Sie habe die Marke nicht selbst i.S.d. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG genutzt, sondern lediglich eine Plattform zur Verfügung gestellt, auf welcher der jeweilige Domaininhaber die Domain zum Verkauf anbieten konnte.

sedo.de sei auch nicht Gehilfe einer markenrechtlichen Verletzungshandlung. Die Haftung als Gehilfe einer Rechtsverletzung setze neben einer objektiven Beihilfehandlung einen zumindest bedingten Vorsatz in Bezug auf die Haupttat voraus.

Die seitens der Beklagten von sedo.de geforderte Prüfungspflicht sei unzumutbar. Der Einsatz einer Filtersoftware, die von sedo.de bestimmte Begrifflichkeiten ausfiltert, sei technisch erheblich aufwendig, wenn überhaupt möglich, um Markenrechtsverstöße zu verhindern. Auch erfordere eine Prüfung bereits nicht unerhebliche Rechtskenntnisse. sedo.de müsste faktisch einen Markenrechtsexperten beschäftigen, der für jede einzelne Domain und deren Verlinkung eine Überprüfung vornehme. Dies sei unzumutbar.

Auch als Störerin hafte sedo.de vor Zugang eines Abmahnschreibens, also vor positiver Kenntniserlangung von der Markenrechtsverletzung, nicht. Erst durch ein Anschreiben, welches sedo.de die markenrechtliche Relevanz der Verlinkung der fraglichen Domain mit Wettbewerbern der Beklagten aufzeige, wäre sedo.de zur Störerin geworden, hätte sie auf das Abmahnschreiben nicht entsprechend reagiert.

Denn als Störer hafte derjenige, der – ohne Täter oder Teilnehmer einer Verletzungshandlung zu sein – in irgendeiner Weise, sei es auch ohne Verschulden, willentlich und adäquat kausal zu dem Verstoß gegen das Recht eines anderen beigetragen hat, sofern der Inanspruchgenommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung der Handlung hatte. sedo.de erfülle jedoch dadurch, dass sie ihre Plattform für Domainverkäufe zur Verfügung stellt und dort gegebenenfalls auch markenrechtsverletzende Angebote veröffentlicht werden können, weder selbst den Tatbestand einer Markenrechtsverletzung, noch sei sie im genannten Sinne als Störerin zu qualifizieren.

Die Entscheidung im Volltext finden Sie hier.