Im Jahr 2010 wurden insgesamt 69.072 deutsche Marken (DE-Marken) beim DPMA angemeldet. Im Vorjahr waren 69.069 Markenanmeldungen. Beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) wurden dahingegen insgesamt 81.715 EU-Marken angemeldet. Das ist gegenüber 2009 eine Steigerung von satten +12,27 Prozent. Was sind also die Gründe für diese Verschiebung und welche Bedeutung haben DE-Anmeldungen im Vergleich zu EU-Anmeldungen noch?
Ein kleiner Schub an EU-Marken wird nach unseren Beobachtungen durch den boomenden asiatischen Wirtschaftsraum und insbesondere China verursacht, obwohl die Chinesen IR-Marken mehr lieben als EU-Marken.
Der überwiegende Teil der EU-Markenanmeldungen ist jedoch auf die vielen mittelständischen europäischen Unternehmen aufgrund des zusammenwachsenden EU-Binnenmarktes zurückzuführen. EU-Marken dienen ihnen zum Schutz ihrer Absatzmärkte. Traditionell sind die Amerikaner zwar die stärkste Nation bei EU-Markenanmeldungen, aber Deutschland holt aufgrund der boomenden Volkswirtschaft stark auf. Die EU-Mitgliedsstaaten stellen bekannter Maßen den größten Absatzmarkt für Deutschland dar. Deshalb steigt die Zahl der EU-Markenanmeldungen aus Deutschland sicherlich auch in 2011 noch einmal signifikant an, sofern die Börsen nicht noch weiter einbrechen.
Die Attraktivität der EU-Marke ist natürlich und insbesondere dadurch gesteigert worden, dass im Mai 2009 die amtlichen Gebühren für die EU-Markenregistrierung durchschnittlich um 40 % gesenkt worden sind. Das haben wir damals schon in unserem markenserviceblog vorausgesagt.
Die deutsche Marke behält unseres Erachtens aber weiterhin ihren Stellenwert gegenüber der EU-Marke.
Folgende Punkte haben dabei besonderes Gewicht:
- Die deutsche Marke ist wesentlich kostengünstiger bei der Anmeldung, sowohl hinsichtlich der Amtsgebühren (290,- EUR statt 900,- EUR bei der elektronischen Anmeldung), als auch hinsichtlich etwaiger Anwalts- und Recherchekosten.
- Sogenannte Kleinanmelder benötigen überwiegend nur deutsche Marken, da keine europäischen Absatzmärkte betroffen sind.
- Auch eine gut und kostenintensiv in allen EU-Ländern (nationale Marken- und Firmennamenrecherchen für jeden Staat erforderlich) durchrecherchierte EU-Marke beinhaltet aufgrund der Vielzahl der betroffenen Länder ein deutlich höheres Konfliktpotential.
- Die EU-Markeneintragung dauert im Vergleich zur deutschen Marke immer noch erheblich länger, da das Widerspruchsverfahren (Widerspruchsfrist von 3 Monaten) in dem Anmeldeverfahren integriert ist, während es bei deutschen Markeneintragungen nachgeschaltet ist.
Bei aller Euphorie für die EU-Marke ist aber immer im Hinterkopf zu behalten, dass bereits ein Problem in einem EU-Mitgliedsstaat (und sei es nur eine ältere verwechslungsfähige Marke auf Malta) die gesamte EU-Marke infiziert und zu Fall bringen kann.
Deshalb ist es ganz besonders wichtig, dass der Markenanmelder nicht auf scheinbar günstige Pauschalangebote für EU-Markenanmeldungen inkl. Recherchen zurückgreift. Er sollte ganz genau schauen, was die angebliche „EU-Recherche“ beinhaltet. Wird nur eine sogenannte Recherche nach EU- und IR-Marken im Paket oder in Ergänzung zum Anmeldeauftrag angeboten, handelt es sich in aller Regel nicht um eine vollwertige EU-Recherche mit einer Suche in allen nationalen Datenbanken der EU-Mitgliedsländer + EU + IR, sondern um eine bloße Recherche in den Datenbanken des HABM nach Gemeinschaftmarken bzw. bei der WIPO nach internationalen Registrierungen, also nur EU und IR. Es ist bei der EU-Marke jedoch angezeigt, möglichst alle nationalen Datenbanken der EU-Mitgliedsstaaten abzuprüfen. Unbedingt ist an dieser Stelle auch noch das Abprüfen von branchengleichen Firmennamen in alle 27 Mitgliedsstaaten anzuraten, da auch hieraus eine Konfliktlage entstehen kann.